Warum ist eine Reform notwendig?
Den Reformüberlegungen liegen folgende grundsätzlichen Erwägungen zugrunde:
Nutzungsstudien zeigen, dass gesetzlich erlaubte Vervielfältigungen audiovisueller Werke heute nicht mehr nur im Zusammenhang mit einer Sendung, sondern vermehrt auch über die Mediatheken der Sendeunternehmen und die kommerziellen Video-on-Demand-Plattformen, wie bspw. Netflix oder Amazon Prime Video, hergestellt werden („non-lineare AV-Werke“).
Entsprechend sind non-lineare AV-Werke an den Einnahmen aufgrund der Geräte- und Speichermedienvergütung ebenfalls zu beteiligen.
Diesem Umstand will der Reformvorschlag Rechnung tragen, indem er für Rechtsinhaber non-linearer AV-Werke zukünftig eine eigene Ausschüttung im Rahmen des Verteilungsplans vorsieht.
Wie sehen die Eckpunkte der geplanten Reform aus?
In der Sparte Geräte- und Speichermedienvergütung (Audio- und audiovisueller Bereich) sollen folgende Änderungen erfolgen:
Neben den bereits existierenden Ausschüttungsarten Fernsehen, Hörfunk und Sprachtonträger / Audio-Downloads wird eine neue Ausschüttungsart Mediatheken/Video-on-Demand-Plattformen eingeführt.
Die von der VG WORT eingenommenen Vergütungen für audiovisuelle Werke werden – auf Grundlage der Nutzungsstudien – zwischen den Ausschüttungsarten Fernsehen und Mediatheken/Video-on-Demand-Plattformen aufgeteilt werden (zwei getrennte „Ausschüttungstöpfe“).
Innerhalb der Ausschüttungsart Mediatheken / Video-on-Demand-Plattformen soll die Verteilung im Wesentlichen nach den gleichen Kriterien erfolgen, wie sie für die Ausschüttungsart Fernsehen zur Anwendung kommen. Allein auf den dort vorgesehenen Senderwert kann – in Ermangelung einer linearen Sendung – nicht zurückgegriffen werden. Der Senderwert soll daher durch die Nutzungsintensität der betreffenden non-linearen AV-Werke ersetzt werden.
Die Nutzungsintensität beschreibt die plattformübergreifende Nutzungshäufigkeit eines non-linearen AV-Werks und lässt Rückschlüsse auf seine Kopierwahrscheinlichkeit zu (s. zu den Details unten Glossar).
Vermeidung einer Marginalisierung
Herausforderung
Nutzungserhebungen zeigen, dass im non-linearen AV-Bereich ca. 80 % der Nutzungen auf lediglich ca. 20 % der Werke entfallen und damit auch umgekehrt nur ca. 20 % der Nutzungen auf die restlichen ca. 80 % der Werke.
Zudem existieren im non-linearen Bereich im Vergleich zur Ausschüttungsart Fernsehen bedeutend größeren Menge an potenziell meldefähigen Werken und damit auch entsprechend mehr potenzielle Anspruchsberechtigte.
Vor diesem Hintergrund besteht das Risiko, dass in der Ausschüttungsart Mediatheken/Video-on-Demand-Plattformen die an die überwiegende Anzahl der Berechtigten auszuschüttenden Beträge zu marginalisieren drohen.
Während einige wenige Rechtsinhaber sehr hohe Ausschüttungen erhalten würden, wäre die dann noch verbleibende Ausschüttungssumme zwischen sehr vielen Rechteinhabern aufzuteilen.
Lösung
Um gleichwohl auch vor diesem Hintergrund eine angemessene Ausschüttung für non-lineare AV-Werke zu ermöglichen, sieht der Reformvorschlag folgende Maßnahmen vor:
1%-Regelung
Es sollen nur solche Werke in der Ausschüttungsart Mediatheken / Video-on-Demand-Plattformen berücksichtigt werden, die in Summe 99 % der Gesamtnutzungsintensität auf sich vereinen.
Non-lineare AV-Werke, die ihrer Nutzungsintensität nach aufsteigend sortiert in Summe lediglich 1 % der Gesamtnutzungsintensität erreichen, sollen folglich in der Ausschüttungsart „Mediatheken / Video-on-Demand-Plattformen“ nicht berücksichtigt werden. Dafür spricht insbesondere, dass bei diesen Werken – aufgrund ihrer sehr geringen Nutzungsintensität – nicht mehr von einer hinreichenden Kopierwahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann.
„Kohorten“-Lösung
Zudem definiert der Reformvorschlag Nutzungsintensitätskorridore („Kohorten“), denen bestimmte Beteiligungsprozentsätze zugeordnet werden. Auch an anderen Stellen des Verteilungsplans der VG WORT werden bereits entsprechende Kohorten gebildet (s. bspw. im Pressebereich § 44 Abs. 2 lit. c) VP oder § 45 lit. b) VP).
Hierdurch sollen Ausschüttungsschwankungen sowohl im oberen Bereich als auch im unteren Bereich abgemildert werden.